Hey ihr Lieben,
ich bin jetzt schon viel zu spät dran und ich habe gerade erst drei Wörter getippt (fünf, wenn man die Überschrift mitzählt und mit diesem Satz werden es natürlich immer mehr). Und ich bin ein bisschen genervt, dass gerade alles nicht so richtig funktioniert, wie ich mir das vorgestellt habe. Mein Wohnzimmerlicht spinnt nämlich. Das macht es immer mal, dass es einfach nicht angeht, wenn man auf den Schalter drückt. Keine Ahnung, womit das zu tun hat. Ob ich da irgendeinen Kurzschluss auslöse. Auf jeden Fall hat es das immer mal und dann nach ein paar Minuten geht es wieder. Aber gerade hat es sich noch nicht wieder abgeregt und jetzt sitze ich hier im Licht meiner Nachttischlampe, die ich mir extra ins Wohnzimmer holen musste und tippe meinen Blog. Zugegeben, es sieht gemütlich aus, aber es wäre trotzdem schön, wenn sich das Licht bald wieder einkriegt. Na ja, morgen geht es bestimmt wieder.
Ich bin jetzt schon müde. Das könnte daran liegen, dass ich vorhin noch joggen war, oder daran, dass ich gerade noch eine große Portion Fischstäbchen verdrückt habe, oder daran, dass es schon nach halb 9 ist, aber daran liegt es vermutlich am wenigsten. Wie ich mich kenne, gehe ich eh wieder erst gegen Mitternacht ins Bett. Irgendwie ist mein Biorhythmus total durcheinander. Ich kann mich einfach meist nicht dazu durchringen, zeitig ins Bett zu gehen, obwohl ich es mir ständig vornehme. Weil ich es dann nämlich auch nie schaffe, so pünktlich aufzustehen, wie ich gerne wollte. Und dann komme ich später von der Arbeit heim, mache weniger und bleibe deswegen so lange wach, weil ich das Gefühl habe, dass ich noch nicht genug erlebt habe, um ins Bett zu gehen. Es ist also ein Teufelskreis. Und statt ihn am Wochenende zu durchbrechen, habe ich ihn sogar noch verstärkt und bin immer erst gegen Mittag aufgestanden. Na ja, im Moment hat man ja eh nicht viel zu tun. Da kann man auch seinen Tag ein wenig nach hinten verlagern.
Aber wisst ihr was? Das war eigentlich gar nicht der Anfang, mit dem ich anfangen wollte. Seit Tagen habe ich nämlich schon die ersten Worte dieses Blogeintrags im Kopf. Also ignoriert alles, was ihr bisher gelesen habt, und lasst uns noch mal von vorne anfangen:
Manchmal überrascht es mich, dass ich Leute tatsächlich noch überraschen kann. Ich habe manchmal das Gefühl, ich bin durch meinen Blog so ein offenes Buch, dass es mich erstaunt, wenn Leute Dinge nicht wissen, vor allem Dinge, die für mich eigentlich schon länger feststehen. Manchmal denke ich sogar, dass ihr mehr über mich wisst, als ich, denn vielleicht stehen hier unterbewusst Dinge zwischen den Zeilen, die ich gar nicht erzählen wollte. Aber nun ja, es liest ja auch nicht jeder meinen Blog (worüber ich ganz froh bin, denn so gut muss mich dann ja auch nicht jeder kennen) und so gibt es dann doch noch Überraschungsmomente. Zum Beispiel der, als ich letzte Woche in der Dienstberatung gesagt habe, dass ich vorerst keine Promotion in der Vor- und Frühgeschichte anfangen will und dass ich auch nicht das Volontariat um ein Jahr verlängern will, weil ich nochmal was anderes ausprobieren möchte. Überrascht das euch? Ich dachte, es wäre ziemlich klar gewesen, anhand meiner Überlegungen in den letzten Wochen, aber scheinbar war es das nicht. Die DB hat es erst mal gesprengt. Aber es hat sich richtig angefühlt, das auszusprechen. Vielleicht wäre es der leichtere Weg gewesen, weil ich dann einen sicheren Job bis Oktober 2022 gehabt hätte. Meine Chefin hat mir sogar angeboten, dass ich trotzdem verlängern könnte und dann halt kündigen, wenn ich was Neues habe. Dann stände ich zumindest nicht ganz ohne Job da, zumal ich ja wirklich gerne in Kamenz wohnen bleiben will. Eine ortsgebundene Jobsuche ist mit meiner Qualifikation und meinen Ansprüchen nochmal um einiges schwieriger als sie sowieso schon ist. Und ja, bevor ich gar nichts habe, mache ich das vielleicht doch, aber ich will schon gerne den Sprung wagen, ins Neue, ins Unbekannte.
Obwohl ich zugeben muss, dass meine Arbeitswoche letzte Woche sogar ziemlich gut lief. Ich habe einige Rätsel gelöst und war richtig stolz auf mich. Zuerst war da dieses undefinierbare Bronzeobjekt:
Ich hatte keine Ahnung, was das sein soll, und wenn du nicht weißt, was es ist, kannst du es auch nicht richtig inventarisieren. Ich habe also eine Umfrage unter meinen KollegInnen gemacht und wirklich alle gefragt, die da waren. Da kamen interessante Vorschläge: eine kleine Tafel, auf der man Schilder anbringen kann, zum Beispiel für den Friedhof zur Grabkennzeichnung, etwas, auf dem man etwas anderes aufgesteckt hat, zum Beispiel einen Spiegel, ein Schaber, ein Lüftungsschieber für den Ofen oder irgendwas für die Haare. So richtig sicher wusste es aber leider niemand. Ich musste mir also noch mehr Hilfe holen und postete Fotos in meiner WhatsApp-Story. Auch dort habe ich viele interessante Rückmeldungen bekommen, die wirklich alle hätten passen können. Aber ich suchte ja jemanden, der mich sicher überzeugen konnte. Also schickte ich eine Mail an eine Kollegin beim Landesamt, die sich besser mit neuzeitlichen Funden auskennt. Erst am nächsten Tag erhielt ich eine Antwort. Sie selber wusste es auch nicht, hatte das Bild aber ein einen Kollegen weitergeleitet und der wiederum an mehrere Kolleginnen und eine von denen hat das Objekt dann als Schieber eines alten Bügeleisens identifiziert. Sie schickte mir dann auch gleich zwei Bilder zum Vergleich mit und ich war sofort überzeugt.
Hier könnt ihr euch ein eigenes Bild machen. Das war soo cool. Ein bisschen wie bei den drei Fragezeichen mit ihrer Telefonlawine. Das sind immer meine Lieblingsmomente im Job, wenn ich etwas Detektiv spielen kann und wenn ich dann auch noch dem Rätsel auf die Schliche komme. Ich war so stolz und musste gleich alle an der Lösung teilhaben lassen. Dabei habe ich es ja gar nicht selber gelöst. Aber manchmal braucht man einfach die nötigen Kontakte. 😊
Meinen zweiten Detektiv-Moment hatte ich, als ich eine Kiste mit neuzeitlichen Scherben inventarisierte, die einen Fundzettel beiliegen hatten, also ziemlich gut zugeordnet werden konnten. Auf einigen der Scherben waren wiederum M-Nummern, z.B. M 3, M 5, M 11. Solche Nummern sind immer wichtig für die Inventarisierung, da sie Hinweise geben können, falls eben mal kein Fundzettel dabei liegt. So wie bei diesen M-Nummern. Mir fiel nämlich auf, dass einige der Nummern fehlten und irgendwie hatte ich dunkel im Hinterkopf, schonmal M-Nummern auf Scherben gesehen zu haben. Ich schaute also in der Datenbank und stieß auf eine kleine Kiste mit Scherben, die ich im März 2020, also vor einem dreiviertel Jahr inventarisiert hatte. Da gab es nämlich auch Scherben mit M-Nummern und das waren genau die Nummern, die noch fehlten. Das tolle an der Sache war dann, dass ich bei der Kiste vom März keinen Fundort hatte zuweisen können, ich dort also "Fundort unbekannt" angeben musste. Durch die gleichen Nummern konnte ich also annehmen, dass die anderen Scherben auch von dem Fundort waren, zu dem ich den Fundzettel hatte. Aus Lust und Laune und weil es nur eine kleine Kiste war, holte ich mir die anderen Scherben aus dem Magazin und breitete sie auf einem Karton aus, um sie mit den neuen Scherben zu vergleichen. Und was soll ich sagen? Eine der alten Scherben und eine der neuen Scherben passten zusammen. Das war so ein krasses Gefühl, als ich sie aneinander gehalten habe und festgestellt habe, dass sie zusammen passen.
Es ist ja so schon immer toll, wenn du das zusammengepuzzelt bekommst, aber zwei Scherben aus zwei unterschiedlichen Kisten zu finden, die zusammengehören, kickt noch einmal um einiges mehr. 😁
Das war also mein zweiter Heureka-Moment in der letzten Woche. Aber auch sonst hatte ich spannende Objekte auf dem Tisch liegen. Zum Beispiel eine alte Sandale, die mich zum Fachsimpeln über Mode mit meinem Papa einlud.
Und heute hatte ich ein Schwert und eine Lanzenspitze (genauer gesagt eine "Flügellanzenspitze"), durch die ich einiges über Waffen gelernt habe. Wusstet ihr zum Beispiel, dass auf den Schwertern der Wikingerzeit zum Teil Buchstaben eingelegt waren und dort Dinge wie "ULFBERHT" oder "INGELRI" standen? Man geht davon aus, dass das bekannte Herstellerbezeichnungen sind. (Zumindest habe ich das bei
wikipedia gelesen.) Klingt ein bisschen wie die Vorstufe von IKEA, oder? 😄
Ja, der Job als Archäologin kann auch Spaß machen und wenn ich den ganzen Tag nur Rätsel lösen und neue Dinge über Objekte lesen könnte, sähe die ganze Sache vielleicht anders aus, aber es gibt eben auch die Momente, in denen du stundenlang Scherben beschreiben musst, in denen dir die Worte partout nicht einfallen wollen, in denen du vor mehreren völlig zerscherbten Pechöfen sitzt und einfach nicht weißt, wo du anfangen sollst, und es gibt den Fakt, dass ich irgendwie ungern auf Arbeit gehe, dass ich Sonntags immer ein wenig nervös bin, weil ich Montag wieder auf Arbeit muss und dass ich mir Montags schon das nächste Wochenende herbeisehne. Ich weiß nicht, woran das liegt, denn ich komme ja gut klar mit den Leuten auf Arbeit und die Aufgaben, die ich so mache, machen ja manchmal auch Spaß, aber es ist irgendwie so. Und ich weiß, dass es bei meiner letzten Arbeit nicht so war. Dass ich da immer super gerne hingegangen bin. Und deswegen möchte ich noch einmal weiterschauen, ob die Umgebung von Kamenz noch einen Job für mich bereit hält, zu dem ich jeden Tag gerne gehe, für den ich gerne Überstunden mache und bei dem ich Rätsel und Probleme lösen und neue Dinge lernen kann. Aber vorerst bin ich ja noch bis voraussichtlich Oktober im Museum. Und ich glaube, das wird auch eine ganz gute Zeit. Es ist ja jetzt auch nicht furchtbar. Es ist nur einfach nicht das, was ich mein Leben lang machen will.
So, ich glaube, das reicht für heute als Bericht. Es ist jetzt auch schon nach um 10 und ich sollte nicht wieder bis Mitternacht wach sein. Ich freue mich, wenn euch der Beitrag gefallen hat. Heute gab es ja einen guten Einblick in meine Arbeit. Nächstes Mal reden wir dann vielleicht wieder mehr über die Freizeit. Bleibt gesund und schaut gerne nächste Woche wieder vorbei.
Alles Liebe
eure Hannah